24 Tore bei nur 32 Minuten Spielzeit


+++ Quelle: Badische Neuste Nachrichten * SPORT LOKAL * Von Frank Seyen , Bild: Harry Rubner , vom 01.02.2024 /Ausgabe Nr. 26/Seite 19 +++

Bei den Wasserballern des 1. BSC Pforzheim scheint dieser Tage vieles im Fluss zu sein. Besser gesagt: im Becken. Nach sechs von 16 Spieltagen
stehen für den Verein in der Oberliga Baden- Württemberg fünf Siege auf der Habenseite. Zuletzt gelang dem Spitzenreiter beim Tabellenzweiten Leimen/ Mannheim ein 24:13-Auswärtserfolg. „Das war relativ deutlich“, sagt Trainer Marcel Schneider. Mehr aber auch nicht.

Denn beim 1. BSC Pforzheim können sie die Situation realistisch einzuschätzen. Schließlich wissen die Pforzheimer Wasserballer nicht nur, was sie diese Saison erreichen wollen. Sondern auch, wo sie herkommen. Noch vor wenigen Jahren spielte der Verein in der Zweiten Bundesliga. 2019 entschloss man sich dazu, die Mannschaft zurückzuziehen und in der Oberliga einen Neuanfang zu wagen. Aufgrund der Schließung des Emma-Jaeger-Bades mussten damals die Trainingszeiten um ein Drittel reduziert werden. Ein Übungstag fiel dabei sogar ganz ins Wasser, was es bei all dem Aufwand, der parallel dazu dennoch hätte betrieben werden müssen, letztendlich unmöglich machte, am Spielbetrieb der Zweiten Liga
weiter teilzunehmen. In der Oberliga fühlen sich die Wasserballer des 1. BSC Pforzheim gut aufgehoben. Auch Jahre nach der Entscheidung, die sportlich höheren Gefilde zu verlassen.


Eine Rückkehr in die Zweite Liga?

Ist kein Thema, wie Marcel Schneider betont. „Die Spieler haben sich vor der Saison die Top-Drei als Ziel gesetzt, realistisch war Top-Fünf“, sagt er. Doch die vergangenen Resultate ließen aufhorchen. Gegen die Bundesliga-Reserve von Esslingen wurde ein so nicht erwartbarer 13:12-Sieg eingefahren, „gegen die Bundesliga-Reserve von Bad Cannstatt (10:6/Anm. d. Red.) haben wir ein überragendes Spiel gemacht“, lobt der Coach, der das Traineramt vor zwei Jahren von seinem Bruder Kevin übernommen hat.

Den amtierenden Meister PSV Stuttgart ließen die Pforzheimer beim 18:13 ebenfalls abblitzen. „Dadurch haben wir uns schon in die Pole-Position für die ersten drei Plätze gebracht“, sagt Marcel Schneider. „Wenn wir jetzt noch die Spiele gewinnen, die wir gewinnen müssen, und noch ein, zwei Überraschungen landen, dann sind wir bei der Medaillenvergabe dabei.“ Doch der 35-Jährige betont: „Aufsteigen wollen wir definitiv nicht.“ Warum das so ist, erklärt der BSC-Trainer wie folgt: „Es war schon damals aufgrund der Fahrtstrecken und allem drumherum einfach zu viel. Wir spielen jetzt natürlich mit einem gewissen Leistungsdruck, aber doch eher hobbymäßig. Und man muss so ehrlich sein: Für die Zweite Liga wäre zweimal Training die Woche einfach zu wenig.“ Dies habe man schon damals, als die Pforzheimer noch jener Klasse angehörten, gemerkt. „Da waren die anderen Mannschaften deutlich fitter als wir“, so Marcel Schneider.

Die derzeitige Spielklasse sei schon allein deshalb eine herausfordernde und gute, weil sich dort mit dem PSV Stuttgart, SV Bietigheim und Leimen/Mannheim Clubs wiederfinden, die bis zuletzt in Liga zwei gespielt haben. „Wir haben dieses Jahr eine extrem starke Oberliga. Die Qualität ist so hoch wie lange nicht mehr“, sagt Marcel Schneider. Positiv stimmt den Coach auch die Entwicklung der zweiten Mannschaft, die im vergangenen Jahr Meister wurde, den badischen Pokal in die Höhe strecken durfte und die ihre Heimspiele ebenfalls im Bad der Fritz-Erler-Schule austrägt. Beim BSC II dürften in erster Linie „die jungen Spieler ran, die in der ,Ersten’ nicht so zum Zug kommen“, sagt Marcel Schneider. In Ida Wellensiek gehört zudem eine Frau dem Pforzheimer Kader an, die beim Verein aus der Goldstadt die Jugendmannschaften durchlaufen hat und die parallel noch bei den Bundesliga- Frauen des SSV Esslingen Wasserball spielt.

Zurückgreifen kann Marcel Schneider an jedem Oberliga-Spieltag auf einen Stamm von 18 Akteuren, von denen er 13 einsetzen darf. Neuzugänge stoßen eher selten zum Team. Denn mit dem Abschied vom Emma-Jaeger-Bad scheint es in manch öffentlicher Wahrnehmung, als seien auch die Wasserballer ein Stück weit in den Hintergrund gerückt. „Im Emma-Jaeger-Bad haben wir schon eine riesige Kulisse und Stimmung gehabt. Das war mit der externen Tribüne einfach überragend, auch weil sich die Zuschauer nicht umziehen mussten. Da waren bei den Heimspielen regelmäßig 250 bis 300 Zuschauer da und wir waren in Süddeutschland schon eine Stimmungs-Hochburg, in die auch Schiedsrichter und Gegner nicht so gerne gekommen sind“, sagt Marcel Schneider. Im Fritz-Erler-Bad sei dies nun nicht mehr möglich. „Das ist ein Schul- Schwimmbad, da haben wir nicht mehr die Bandbreite“, sagt der Pforzheimer Coach der Oberliga-Wasserballer. Was den Verein auszeichne, sei der Zusammenhalt. „Wir sind eine Generation, die die Jugendmannschaften komplett durchlaufen hat. Das ist eine Freundschaftsclique, die Spiele auf Wettkampfniveau bestreitet.“ Dass sie das mit den Wettkämpfen ernst nehmen, zeigen nicht zuletzt die jüngsten Ergebnisse. In Bojan Marin, der in Bad Cannstatt zwei Jahre Bundesliga gespielt hat, kam eine wichtige Stütze zurück. Aktuell führt er mit 23 Treffern die Torjägerliste in der Oberliga an und unterstützt Marcel Schneider als Co-Trainer. „Er bringt vor allem taktisch einige Top-Ideen aus seiner Zeit in der Bundesliga mit.“ Was die Zukunftsaussichten der Vereinsmannschaften anbelangt, stimmt die BSC-Wasserballer vor allem die sich bessernde Bädersituation zuversichtlich. „Wir kriegen ja das neue Schwimmbad in Huchenfeld und das Kombibad auf dem Wartberg. Vielleicht findet sich so eine Gelegenheit, im Sommer ein bisschen Werbung betreiben, Freizeitturniere ausrichten und Leute anlocken zu können“, sagt Marcel Schneider. Er ergänzt: „Natürlich wird der eine oder andere künftig vielleicht aus privaten Gründen mal ein wenig kürzertreten müssen. Ich würde Stand heute aber behaupten, dass wir uns mit dem Kern, also rund 90 Prozent, die nächsten drei Jahre
keine Gedanken machen müssen.“

++++ Quelle: Badische Neuste Nachrichten * SPORT LOKAL * Von Frank Seyen , Bild: Harry Rubner , vom 01.02.2024 /Ausgabe Nr. 26/Seite 19 +++